Sehenswürdigkeiten

Glockenturm, Weimersheim

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Der Initiative und dem unermüdlichen Engagement des damaligen Prädikanten und Theologie-Studenten, Klaus Wening, verdankt der Weinort Weimersheim und mit ihm der Markt Ipsheim eine weitere Sehenswürdigkeit, einen Glockenturm mit einer nach dem Apostel Thomas benannten Glocke.

Bereits im Sommer 1998 gelang es dem damaligen, seit vier Jahren in Weimersheim lebenden Studenten, die Glocke bei der Glockengießerei Bachert aus Kochendorf bei Bad Friedrichshall für nur 8.000,00 DM zu erwerben. Die im Jahr 1997 gegossene, 440 Kilogramm schwere, auf b gestimmte, Glocke aus Bronze (78% Kupfer und 22% Zinn) mit einem Durchmesser von 88,6 cm war ursprünglich als Teil eines vierstimmigen Geläuts einer Kirche in Igersheim bei Bad Mergentheim gedacht. Sie fiel aber beim Guss einen Ton zu tief aus und war somit nur noch als Einzelglocke verwendbar. Durch einen glücklichen Umstand erfuhr Klaus Wening, dass schon ein Einschmelzen der Glocke in Erwägung gezogen worden war und konnte sie durch den Erwerb vor dem ihr zugedachten schlimmen Schicksal bewahren.

Die Apostel-Thomas-Glocke wurde am 31. Juli 1998 unter Beteiligung des gesamten Dorfes "eingeholt" und im Rahmen einer Andacht in einer provisorischen Holzkonstruktion hängend in Klaus Wenings Hof aufgestellt. Der heutige Pfarrer ist schon seit seiner Kindheit vom reinen Glockenklang fasziniert und ist der Auffassung, dass jedes Dorf, auch wenn es über keine eigene Kirche verfügt, eine Glocke haben sollte, welche das Lob Gottes verkündet und die Menschen zum Gebet ruft.

Nachdem ohne Ausnahme sämtliche Weimersheimer Haushalte schriftlich zugestimmt hatten, wurde es Klaus Wening genehmigt, auf seinem Grundstück einen fast zwölf Meter hohen Glockenturm mit Wetterfahne zu errichten. Von dort ertönt die Glocke jeden Abend um Punkt 19.00 Uhr drei Minuten lang.

Wie sehr und vorbehaltlos sich die Weimersheimer Dorfgemeinschaft mit "ihrer" Glocke identifiziert, zeigt, dass sogar das Holz im Wert von 3.000,00 DM für die Konstruktion des Glockenturmes von der Weimersheimer Waldgenossenschaft gestiftet wurde. Darüber hinaus beteiligte man sich auch an den Bauarbeiten. Selbst beim täglichen Dienst am Hanfseil wollen die Bürgerinnen und Bürger Weimersheims zur Freude Klaus Wenings mit Hand anlegen. Schon gibt es Diskussionen, ob man nicht künftig die Kirchweih des Winzerortes am Fuß des "Roten Berges" auf den Tag der Einweihung des Glockenturmes vorverlegen sollte. Der 22.000,00 DM teure Turm wurde mit seiner Glocke am 29. August 1999 durch den zuständigen Pfarrer, Otto Jagusch aus Ipsheim, feierlich eingeweiht. Die Begeisterung für die neue Glocke beschränkte sich aber nicht nur auf Weimersheim selbst: Sogar Firmen wie auch Privatleute aus der näheren und weiteren Umgebung unterstützten das Projekt tatkräftig. Auch in den örtlichen und überregionalen Medien wurde über den "Glockenturm ohne Kirche" wiederholt berichtet. Dadurch ist der Weimersheimer Glockenturm inzwischen schon "zu einer echten Attraktion geworden", wie Klaus Wening weiß. "Häufig finden sich in meinem Hof viele fremde Leute ein, die mir beim Läuten zuschauen und sich am Klang der Glocke erfreuen." Er freut sich sehr über das Interesse an seinem "Werk" und alle Weimersheimer sind mit ihm zurecht stolz auf das gemeinsame Geschaffene! Klaus Wening wünscht sich, dass die Glocke und ihr tägliches Läuten über Generationen hinweg die Bewohner des kleinen Ortes begleiten mögen. Auf der Glocke ist folgender Spruch von Jochen Klepper eingraviert: "Hände, die zum Beten ruhn, die macht er stark zur Tat."

Einmal im Jahr, am letzten August-Sonntag, wird das sog. „Glockenturmfest“ in Weimersheim gefeiert. Es beginnt mit einem Gottesdienst unter freiem Himmel vor dem Glockenturm. Anschließend findet ein kleines Straßenfest mit Mittagessen und selbstgebackenem Kuchen der Weimersheimer Familien statt.

Aus der Begrüßung von Prädikant Wening zu Beginn des Einweihungs-Gottesdienstes

„Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder, liebe Gäste von nah und fern, herzlich willkommen zu einem Gottesdienst aus einem ungewöhnlichen Anlass. Hinter mir erhebt er sich: der neue Glockenturm in Weimersheim. Später - nach der Weihe - werden wir die Glocke hören, viele der auswärtigen Gäste vermutlich zum ersten mal.
Ein ungewöhnliches Projekt findet mit dem heutigen Tag seinen Abschluss. Am Ausgang des 20. Jahrhunderts einen Glockenturm zu bauen, ist sicherlich außergewöhnlich. So außergewöhnlich, dass manche, die die Geschichte nicht näher kennen, sagen: .Der muss doch wohl nicht ganz dicht sein.
Nun, eine gewisse Extravaganz gehört sicherlich dazu, wenn man ein solches Projekt initiiert. Aber erstaunlich war, wie schnell sich die Weimersheimerinnen und Weimersheimer mit dem Turmbau identifizierten und mit Leib und Seele mitgemacht haben. Nicht nur, dass alle Haushalte im Ort mit ihrer Unterschrift ihr Einverständnis gegeben haben, nein: Es ging erheblich weiter: Das Holz wurde gestiftet, und wenn die Weimersheimer nicht gewesen wären, stünde der Turm wahrscheinlich nie. Abend- manchmal sogar nächtelange Arbeitseinsätze (einmal ging es bis nachts um 2 Uhr) haben das fast Unvorstellbare vollbracht. Es ging, und das will ich nicht verschweigen, oft bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit und manchmal auch darüber hinaus. Trotzdem ist nichts passiert, und dafür können wir Gott dankbar sein.
Nun steht er da - der Weimersheimer Glockenturm. Stolz und mächtig, und wie ich finde, eine Bereicherung für unser Dorf. Ich wünsche mir, dass dieses Dorf lange Freude am Turm und am Läuten der Glocke haben wird. Über viele Generationen, wenn wir alle, die wir hier sitzen, nicht mehr auf dieser Welt sein werden, wird die Glocke Menschen an wichtigen Punkten ihres Lebens begleiten. Ich erbitte Gottes Segen für dieses Dorf und seinen Menschen, für den Turm und die Glocke und für diesen Gottesdienst."

Förderhinweis
Das Projekt "Besucherlenkung und Information im Weinort Ipsheim" wurde gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).